Vorgeschichte
Anfang September 2022 wurden die aufgrund der neu ermittelten Windenergiepotenziale künftig betroffenen Standortgemeinden von Windenergieanlagen durch die Baudirektion Kanton Zürich über die aktuelle kantonale Windenergieplanung informiert. Am 4. Oktober 2022 fand zum Auftakt eines diesbezüglichen Dialogverfahrens eine Informationsveranstaltung statt. Entgegen der Windpotenzialstudie aus dem Jahr 2013, sah nun der Bericht "Windenergie Kanton Zürich: Planerische Grundlagen zur Richtplananpassung" einen Standort in Bubikon vor. Der Gemeinderat hatte sich nach Bekanntgabe der neuen Windpotenzialberechnungen des Kantons umgehend mit der Thematik befasst und kam zum Schluss, dass er sich gegen eine Windenergieanlage in Bubikon einsetzen wird. Die damalige Rückmeldung des Gemeinderats an die Baudirektion Kanton Zürich vom 25. Januar 2023 umfasste primär folgende Punkte:
- Mit der Anpassung des Bewilligungsverfahrens und der Einführung eines kantonalen Plangenehmigungsverfahrens erklärte sich der Gemeinderat nicht einverstanden. Dieses beschneidet die Gemeinde in der Ausübung ihrer Rechte massiv.
- Die kommunale Energieplanung wurde erst kürzlich aktualisiert, welche der Kanton so auch genehmigt hatte. Die Nutzung von Windenergie ist darin nicht vorgesehen.
- Das Windenergiepotenzial des Standorts in Bubikon ist gegenüber den weiteren in Evaluation stehenden Windenergieanlagen äusserst gering. Zudem werden gravierende und nicht reversible Konsequenzen für Landschaft, Flora und Fauna befürchtet.
Ausgangslage - Anlass
Mit Schreiben vom 1. Juli 2024 hat das Amt für Raumentwicklung der Baudirektion Kanton Zürich (ARE-ZH) über die Teilrevision des kantonalen Richtplans sowie die Änderung des kantonalen Energiegesetzes informiert und die politischen Gemeinden zur Vernehmlassung eingeladen. Die beabsichtigte Teilrevision des kantonalen Richtplans (Kantonaler Richtplan Teilrevision Energie | Kanton Zürich (zh.ch) beinhaltet eine Gesamtüberarbeitung des Kapitels Energie. Die Revision soll die Nutzung von erneuerbaren Energien stärken. Besonders hervorzuheben sind die Karteneinträge zu Gebieten, welche sich für die Gewinnung von Strom aus Windenergie und Wasserkraft eignen. Im Grundlagenbericht werden entsprechende Ausschlusskriterien definiert:
- ungenügendes Windpotenzial,
- Nähe zu bewohnten Gebäuden (Lärm),
- Flugverkehr und Infrastrukturanlagen,
- schützenswerte Fauna und Flora,
- Landschafts- und Kulturgüterschutz, Gewässer.
Im Ranking, welches Nutzen und Schutzaspekte miteinander vergleicht, landet der Standort Hombergchropf auf Platz 31 und im sogenannten Prüfbereich. In der Phase 2 der kantonalen Windenergieplanung wurden die 46 Potenzialgebiete aus der Phase 1 und die zusätzlichen 6 aufgenommenen Potenzialgebiete umfassend geprüft und bewertet. Als Resultat werden die 20 bestgeeigneten Gebiete zur Festsetzung und 15 weitere Standorte als Zwischenergebnisse im aktuellen kantonalen Richtplanentwurf vorgeschlagen. Die Grundlagen des Kantons sehen vor am "Hombergchropf" eine Windenergieanlage in den kantonalen Teilrichtplan Energie aufzunehmen, da dem Bau aus Sicht des Kantons nur wenig (kantonale) Schutzinteressen entgegenstehen. Vorgesehen ist eine Anlage mit einer Gesamthöhe von 220 m. Die geschätzte jährliche Gesamtproduktion liegt bei 9 GWh. Damit könnten theoretisch rund 2'000 Durchschnittshaushalte mit Strom versorgt werden.
Das kantonale Energiegesetz soll zudem um das Kapitel V. "Bewilligung und Erstellung von Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien" ergänzt werden (Vernehmlassungen | Kanton Zürich (zh.ch). Vorgeschlagen wird ein kantonales Plangenehmigungsverfahren, welches die Nutzungsplanung und die Baubewilligung vereinen. Das Gesetz betrifft vorderhand Windenergieanlagen, soll jedoch auf weitere Anlagen zur Nutzung von erneuerbaren Energien ausgeweitet werden können. Die Planungs- und Bewilligungsverfahren für solche Anlagen sollen mit der Gesetzesrevision beschleunigt werden. Der Vollzug (Bewilligung und Baukontrolle) soll dabei an die Baudirektion Kanton Zürich delegiert werden.
Die öffentliche Auflage resp. Mitwirkung und die Anhörung der geplanten Richtplanrevision sowie der Revision des kantonalen Energiegesetzes dauerte bis 31. Oktober 2024.
Auswirkungen der Windenergieanlage
Die Gemeinde Bubikon weist diverse Naturschutzgebiete und schützenswerte Landschaften auf, welche zur Attraktivität der Gemeinde beitragen. Diese Gebiete stellen gleichzeitig beliebte Naherholungsgebiete dar. Natur und Landschaft sind für die Gemeinde Bubikon als Wohnstandort von grosser strategischer Bedeutung. Diese gilt es vorrangig zu schonen und ungeschmälert zu erhalten. Die negativen ökologischen Auswirkungen, aber auch die Immissionen auf die im Einzugsbereich liegenden Siedlungen lassen sich durch den eher geringen Energieertrag nicht rechtfertigen. Der Gemeinderat sieht sich in der Pflicht, eine äusserst sorgfältige Abwägung von Nutzen und Schutz einzufordern und für ein intaktes Natur- und Landschaftsbild einzustehen. Mehrfach brachte der Gemeinderat seine kritische Haltung gegenüber den kantonalen Bestrebungen zum Ausdruck, am Hombergchropf den Bau einer Windenergieanlage zu ermöglichen. Er zeigt sich besorgt, dass die Gemeinde überstimmt und vor vollendete Tatsachen gestellt werde. Um detaillierte sowie fundiertere Argumente zu erhalten, wurden zwei auf diese Themen spezialisierte Fachbüros mandatiert, die Auswirkungen auf die Natur- und Landschaft sowie Nutzen und Kosten der geplanten Windenergieanlage auf dem Hombergchropf vertieft zu analysieren (vgl. Berichte unten). Über die Ergebnisse der Analyseberichte wurde anlässlich der öffentlichen Informationsveranstaltung vom 3. Oktober 2024 durch den Gemeinderat orientiert. Die diesbezüglichen Unterlagen sind über diesen Link verfügbar. Die Rückmeldungen der öffentlichen und meinungsbildenden Veranstaltung flossen entsprechend in die vorliegenden Einwendungen des Gemeinderats zur derzeit laufenden Richtplan- und Gesetzesrevision ein. Die entsprechenden Einwendungen des Gemeinderats resp. der entsprechende Beschluss ist ebenfalls unter diesem Link verfügbar.
Einwendungen der Gemeinde Bubikon zur Windenergieanlage "Hombergchropf"
Antrag: Der Standort «Hombergchropf» ist aus dem Richtplanentwurf mit nachfolgender Begründung zu streichen:
Windenergieanlagen verändern die Landschaft, weil herkömmliche Eingliederungsstrategien, wie Verstecken, Unterordnen oder Einordnen, nicht möglich sind. Die Steckbriefe der Potenzialgebiete legen nahe, dass nur kantonale Schutzinteressen berücksichtigt, jedoch die Interessensabwägung auf Stufe Richtplan zugunsten der Windenergiegewinnung und zu Ungunsten der weiteren (kommunalen und regionalen) Anliegen erfolgte. Erst im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) sollen u.a. die Themen Schatten- und Eisabwurf, Lärmschutz, Einordnung und Gestaltung, Schutz vor weiteren Immissionen, Arten- und Landschaftsschutz sowie Schutz des Waldökosystems umfassend abgehandelt werden. In die Grundlagenerhebung, welche schlussendlich zum Entwurf der Festsetzung des Potenzialstandortes Hombergchropf führte, sind ausschliesslich kantonale Interessen eingeflossen. Dies ist maximal bedenklich. Ein nationales Interesse an der Anlage wird nicht erreicht. Bei der Wind- und Wasserkraft gelten Anlagen ab einer mittleren Jahresproduktion von 20 GWh als von nationalem Interesse (Art. 8 f. EnV). Gemäss Vorprüfungsbericht des Bundes vom 20. Juni 2024 bestehen zudem gewichtige Vorbehalte, da eine Windenergieanlage am Hombergchropf verschiedene VBS-System, Navigationsanlagen und/oder Instrumentenflugverfahren tangieren wird (vgl. Seite 15/21 des VP-Berichtes des Bundes). Allein dies stellt bereits ein Ausschlussgrund für die Streichung des besagten Standortes dar. Ebenfalls nicht berücksichtigt wurde, dass im unmittelbaren Einflussbereich der WEA Hochspannungsleitungen der AXPO sowie der Swissgrid verlaufen. Insbesondere die Hochspannungsfreileitung TR0128 Jona-Mönchaltorf ist unmittelbar betroffen.
Der Hombergchropf stellt einen der grösseren zusammenhängenden Wälder der Gemeinde Bubikon dar. Bubikon ist im Kanton Zürich bereits die Gemeinde mit dem kleinsten Waldanteil (13 %) seiner Gesamtfläche. Die Waldrodung von ca. 8'000 m2 Wald trägt zu einer weiteren Reduktion des sonst schon geringen Waldanteils bei. Da es sich lediglich um eine Anlage mit einem geringen jährlichen Gesamtertrag handelt, ist die Voraussetzung für eine Rodungsbewilligung gemäss dem Bericht zur Erleichterung des Baus von Windenergieanlagen in Wäldern vom BFE, BAFU und ARE grundsätzlich nicht erfüllt. Die Energiestrategie 2050 des Bundes sieht eine möglichst hohe Energieausbeute vor, wobei eine Konzentration der Standorte anzustreben ist. Diese Voraussetzungen werden durch das Projekt auf dem Hombergchropf nicht erfüllt, da die Eingriffe in das Waldareal in keinem angemessenen Verhältnis zu einer Windenergieanlage stehen.
Der Hombergchropf ist als eiszeitlicher Rundhöcker bzw. Gerbel Bestandteil des kantonalen geologisch-geomorphologischen Inventars. Der Gerbel stellt einen vom Gletschereis rundgeschliffenen Molassehügel dar, der als Rundhöcker kategorisiert wird. Rundhöcker sind charakteristische Objekte der glazial überprägten Landschaft in Bubikon. Der Rundhöcker am Hombergchropf darf gemäss Inventareintrag baulich nicht verändert resp. abgetragen noch in einer Form negativ beeinträchtigt werden. Der Hombergchropf befindet sich weiter im Perimeter des regionalen Wildtierkorridors ZH 46. Der Korridor ZH 46 verbindet den Hombergchropf mit dem Aspwald. Gemäss Wildhüter ist der Hombergchropf ein sehr wertvoller Lebensraum für Wildtiere wie Reh, Dachs und Fuchs und sowie auch für verschiedene Vogelarten wie Schleiereule, Waldkauz, Hohltaube und Ringeltaube. Der Bau einer Windenergieanlage würde eine nicht wieder gut zu machende Beeinträchtigung des Wildtierkorridors bedeuten. Es müssten entsprechende weiträumige Ersatz- resp. Ausgleichsmassnahmen getroffen werden. Hangseitig des Hombergchropfs an der Bürgstrasse besteht überdies eine Ambhibienzugstelle (in unmittelbaren Einflussbereich der WEA).
Bei intensiver Sonneneinstrahlung erzeugen Turm, Rotorblatt und Gondel einen statischen Schatten. Die sich drehenden Rotorblätter können ausserdem einen periodischen Schatten erzeugen. Die um den Standort herum liegenden Weiler und Gebäude sowie die Flora und Fauna am Hombergchropf sind zu unterschiedlichen Tageszeiten von Schattenwurf betroffen, was zu einer weiteren negativen Beeinträchtigung im Gesamtkontext der WEA führen wird.
Der Mindestabstand von Windenergieanlagen zum Siedlungsgebiet sowie zu bewohnten Gebäuden orientiert sich grundsätzlich an den Lärmemissionen der Anlagen. Es bestehen nicht wie in anderen Staaten entsprechende Mindestabstandsvorschriften für WEA. Das Lärmschutzkriterium gemäss Lärmschutzverordnung allein greift zu kurz. Weitere Kriterien wie Topografie oder Sonnenverlauf (Strobo- oder Discoeffekt) sind in die Standortbeurteilung nicht eingeflossen.
Je nach Standort der Windenergieanlage resultieren zudem Abstände zu bewohnten Liegenschaften von unter 300.0 m, was wiederum bereits ein Ausschlussgrund in der Standortevaluation dargestellt hätte. Zudem besteht während des Betriebs der Anlage im Winterhalbjahr die latente und nicht zu unterschätzende Gefahr von Eisabwurf.
Die Gemeinde Bubikon weist diverse Naturschutzgebiete und schützenswerte Landschaften auf, welche zur hohen Attraktivität der Gemeinde beitragen. Diese Gebiete stellen gleichzeitig regional beliebte Naherholungsgebiete dar. Natur und Landschaft sind für die Gemeinde Bubikon als Wohnstandort von absolut zentraler Bedeutung. Diese gilt es vorrangig zu schonen und ungeschmälert zu erhalten. Die Windenergieanlage am Hombergchropf mit einer Höhe von 220 m (oder allenfalls auch höher) würde das Landschaftsbild künftig absolut dominieren und völlig verändern. Die Anlage wäre praktisch von allen Standorten in der Gemeinde aus sichtbar. Diese, aber auch die weiteren negativen ökologischen Auswirkungen und die Immissionen auf die im Einzugsbereich liegenden Liegenschaften und Siedlungen lassen sich durch den geringen Energieertrag in keinster Art und Weise rechtfertigen. Es handelt sich um einen irreversiblen Eingriff in das heute intakte Natur- und Landschaftsbild, welches Einwohnerinnen und Einwohnern einen hohen Erholungsnutzen sowie vielen Tier- und Pflanzenarten wichtige Lebensräume bietet.
Bedingt durch die konkreten Auswirkungen der Windenergieanlagen ergeben sich Auswirkungen auf den umliegenden Immobilienmarkt. Vorgängig von konkreten Planungen und Festsetzungen von geeigneten Standorten wären die ökonomischen Auswirkungen auf den Immobilienmarkt resp. die Wertverminderung der mittel- und unmittelbar betroffenen Liegenschaften zu untersuchen. Dies ist bislang nicht erfolgt. Weiter ist festzustellen, dass die Infrastruktur zur Zufahrt nicht den erforderlichen Standards entspricht. Die Strassen weisen eine zu geringe Breite auf und die Forststrasse müsste zunächst massiv ausgebaut werden, um die Zufahrt und das Wenden von LKWs zu ermöglichen. Unter Umständen ist die Erstellung einer neuen Wegführung erforderlich, was wiederum weitere Rodungen nach sich zieht.
Näheres zu den Einwendungen des Gemeinderats findet sich im Beschluss 2024-139 vom 24. Oktober 2024 (vgl. unten).
Weiteres Vorgehen
Momentan wertet die Baudirektion Kanton Zürich die eingegangenen Rückmeldungen aus und erstellt einen Mitwirkungsbericht. Er bildet die Grundlage für einen anschliessenden Antrag des Regierungsrats an den Kantonsrat. Der Kantonsrat entscheidet abschliessend über den Eintrag von Eignungsgebieten für die Windenergienutzung im kantonalen Richtplan. Grosse Windenergieanlagen können nur in rechtskräftig im Richtplan eingetragenen Eignungsgebieten entstehen. Entsprechende Projekte müssen ein Nutzungsplanungs- und Baubewilligungsverfahren inklusive Umweltverträglichkeitsprüfung durchlaufen. Auszug aus Windenergie: Planung & Bewilligung | Kanton Zürich.
Dokumente
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Eignungsgebiete Windenergie, Karte und Liste (PDF, 5.59 MB) | Download | 0 | Eignungsgebiete Windenergie, Karte und Liste |
Bubikon Teilrevision Windenergie BZO (PDF, 150.14 kB) | Download | 1 | Bubikon Teilrevision Windenergie BZO |
Bubikon Teilrevision Windenergie Bericht (PDF, 7.43 MB) | Download | 2 | Bubikon Teilrevision Windenergie Bericht |
GR-Beschluss - Teilrevision Bau- und Zonenordnung mit Bestimmungen zu Windenergieanlagen ausserhalb Bauzone (PDF, 312.26 kB) | Download | 3 | GR-Beschluss - Teilrevision Bau- und Zonenordnung mit Bestimmungen zu Windenergieanlagen ausserhalb Bauzone |
Fachbericht Suisseplan - Landschaftliche Auswirkungen (PDF, 2.96 MB) | Download | 4 | Fachbericht Suisseplan - Landschaftliche Auswirkungen |
Fachbericht Emch + Berger Revelio AG - Analyse Technische Machbarkeit (PDF, 6.77 MB) | Download | 5 | Fachbericht Emch + Berger Revelio AG - Analyse Technische Machbarkeit |
Präsentation zur Informationsveranstaltung Windenergie (PDF, 3.9 MB) | Download | 6 | Präsentation zur Informationsveranstaltung Windenergie |
GR-Beschluss - Teilrevision kantonaler Teilrichtplan Energie sowie Revision kantonales Energiegesetz (PDF, 826.16 kB) | Download | 7 | GR-Beschluss - Teilrevision kantonaler Teilrichtplan Energie sowie Revision kantonales Energiegesetz |